Langes Sitzen im Büro, Stress im Alltag oder ein intensives Training – unsere Hüften und der untere Rücken speichern oft mehr Anspannung, als uns bewusst ist. Das Ergebnis sind nicht selten ziehende Schmerzen, eine steife Hüftmuskulatur und ein Gefühl der Unbeweglichkeit. Hier kommt eine einfache, aber hochwirksame Yoga-Haltung ins Spiel: das liegende Nadelöhr, auf Sanskrit Sucirandhrasana genannt.
Diese Asana ist ein Segen für jeden, der nach einer sanften und zugleich tiefen Dehnung für die Gesäßmuskulatur und die Hüftrotatoren sucht. Sie ist leicht zugänglich, auch für Yoga-Anfänger, und bietet eine sichere Möglichkeit, Blockaden in der Hüfte zu lösen und den Rücken zu entlasten. In diesem Artikel erfährst du alles über die korrekte Ausführung, die Wirkungen und wie du die Übung perfekt an deine Bedürfnisse anpasst.
- Effektiver Hüftöffner: Dehnt gezielt die äußere Hüftmuskulatur, den Gesäßmuskel und den Piriformis-Muskel.
- Hilft bei Beschwerden: Wirkt lindernd bei Verspannungen im unteren Rücken und kann Ischias-Symptome reduzieren.
- Für Anfänger geeignet: Die liegende Position macht die Übung sicher und leicht kontrollierbar.
- Vielseitig anpassbar: Lässt sich durch einfache Modifikationen an jedes Level anpassen.
Was ist das liegende Nadelöhr (Sucirandhrasana)?
Sucirandhrasana (sprich: su-tschi-ran-dras-ana) setzt sich aus den Sanskrit-Wörtern *Suci* (Nadel), *Randhra* (Öffnung oder Loch) und *Asana* (Haltung) zusammen. Der Name beschreibt das Bild, das die Beine formen: Ein Bein wird wie ein Faden durch die Öffnung, die das andere Bein bildet, „gefädelt“. Im Deutschen ist die Übung daher als „Nadelöhr“ bekannt. Da sie auf dem Rücken liegend praktiziert wird, spricht man vom liegenden Nadelöhr.
Die Haltung gehört zu den liegenden Asanas und ist eine der sichersten und zugänglichsten Methoden, um die Hüftflexibilität zu verbessern. Sie dehnt primär die äußeren Hüftmuskeln und den Piriformis – einen kleinen, aber wichtigen Muskel tief im Gesäß, der bei Verspannung oft auf den Ischiasnerv drückt.
Schritt-für-Schritt-Anleitung: So übst du das Nadelöhr korrekt
Für eine sichere und effektive Praxis ist die richtige Ausrichtung entscheidend. Nimm dir Zeit, die Position Schritt für Schritt aufzubauen und auf die Signale deines Körpers zu hören.
1. Die Ausgangsposition
Lege dich bequem auf den Rücken, am besten auf eine Yogamatte. Stelle deine Füße hüftbreit vor deinem Gesäß auf, sodass deine Knie zur Decke zeigen. Dein unterer Rücken sollte Kontakt zum Boden haben, ohne dass ein starkes Hohlkreuz entsteht. Deine Arme liegen entspannt neben deinem Körper.
2. Die Ausführung
- Knöchel platzieren: Hebe deinen rechten Fuß vom Boden ab und lege den rechten Knöchel auf deinen linken Oberschenkel, knapp oberhalb des Knies.
- Fuß aktivieren: Flexe deinen rechten Fuß, indem du die Zehen in Richtung Schienbein ziehst. Dies schützt dein Kniegelenk.
- Dehnung aufbauen: Hebe nun deinen linken Fuß vom Boden ab. Führe deine rechte Hand durch die Lücke zwischen deinen Oberschenkeln (das „Nadelöhr“) und deine linke Hand um die Außenseite deines linken Oberschenkels. Greife mit beiden Händen die Rückseite deines linken Oberschenkels.
- Intensität steuern: Ziehe den linken Oberschenkel sanft zu dir heran, bis du eine angenehme Dehnung in deiner rechten Hüfte und im Gesäß spürst. Halte deinen Kopf und deine Schultern entspannt am Boden.
- Halten und Atmen: Bleibe für 5-10 tiefe, ruhige Atemzüge in der Position. Mit jeder Ausatmung versuchst du, ein wenig mehr loszulassen.
- Seite wechseln: Löse die Haltung langsam auf, stelle beide Füße wieder auf den Boden und wiederhole die Übung auf der anderen Seite.

Die 5 wichtigsten Wirkungen und Vorteile des Nadelöhrs
Das liegende Nadelöhr ist mehr als nur eine Dehnung. Es bietet eine Reihe von Vorteilen für Körper und Geist.
- 1. Öffnet die Hüften: Die Übung dehnt gezielt die Muskulatur um das Hüftgelenk, was die Beweglichkeit verbessert und Steifheit reduziert. Als einer der zugänglichsten Yoga-Hüftöffner ist sie ein idealer Einstieg.
- 2. Lindert Rückenschmerzen: Verspannte Gesäß- und Piriformis-Muskeln sind eine häufige Ursache für Schmerzen im unteren Rücken. Die Dehnung dieser Muskeln kann den Druck auf den unteren Rücken und den Ischiasnerv verringern.
- 3. Verbessert die Außenrotation: Die Pose fördert aktiv die Außenrotation im Hüftgelenk, eine Bewegung, die im Alltag oft vernachlässigt wird.
- 4. Fördert Entspannung: Die sanfte, gehaltene Dehnung in Rückenlage hat eine beruhigende Wirkung auf das Nervensystem und hilft, Stress abzubauen.
- 5. Bereitet auf andere Posen vor: Sucirandhrasana ist eine exzellente Vorbereitung für tiefere Hüftöffner wie die Taube oder Lotossitz-Variationen.
Regelmäßiges Dehnen dieser Bereiche ist ein anerkannter Weg, um unspezifischen Rückenschmerzen vorzubeugen, wie eine Publikation der Harvard Medical School bestätigt.
Häufige Fehler und wie du sie vermeidest
- Fehler: Runder unterer Rücken: Viele heben das Becken und runden den unteren Rücken, um das Bein näher heranzuziehen. Korrektur: Halte dein Becken und den unteren Rücken möglichst flach am Boden. Die Bewegung kommt aus der Hüfte, nicht aus der Lendenwirbelsäule.
- Fehler: Angehobene Schultern: Aus Anstrengung werden oft Kopf und Schultern vom Boden gehoben. Korrektur: Entspanne bewusst deinen Nacken und deine Schultern. Nutze bei Bedarf ein Kissen unter dem Kopf.
- Fehler: Nicht geflexter Fuß: Ein passiver Fuß am aufgestellten Bein kann das Kniegelenk belasten. Korrektur: Halte den Fuß des oberen Beins aktiv geflext, um das Knie zu stabilisieren.
Variationen und Anpassungen für jedes Level
Für Anfänger: Die sanfte Variante
Wenn die Dehnung zu intensiv ist, um den Oberschenkel zu greifen, lasse den unteren Fuß einfach auf dem Boden stehen. Platziere nur den Knöchel auf dem Oberschenkel und konzentriere dich darauf, das obere Knie sanft von dir wegzudrücken. Das allein erzeugt bereits eine spürbare Dehnung.
Für Fortgeschrittene: Die intensive Dehnung
Um die Dehnung zu vertiefen, greife nicht die Rückseite des Oberschenkels, sondern dein Schienbein. Ziehe es näher zu dir heran. Achte aber darauf, dass deine Schultern und dein Nacken dabei entspannt am Boden bleiben. Wer eine noch intensivere Dehnung sucht, kann sich an Eka Pada Rajakapotasana, der Taube, versuchen.
Fazit
Das liegende Nadelöhr (Sucirandhrasana) ist eine wahre Perle in der Yoga-Praxis. Es ist eine unkomplizierte, sichere und enorm wirksame Übung, um die Hüften zu öffnen, den unteren Rücken zu entlasten und tiefsitzende Verspannungen zu lösen. Integriere diese Asana regelmäßig in deine Routine – dein Körper wird es dir danken. Sie ist der perfekte Beweis dafür, dass die sanftesten Bewegungen oft die größte Wirkung haben.
Häufig gestellte Fragen
Wie lange sollte ich das Nadelöhr halten?
Halte die Position für etwa 30 bis 60 Sekunden pro Seite, was ungefähr 5 bis 10 tiefen Atemzügen entspricht. Wichtig ist, dass du die Dehnung als angenehm empfindest und nicht in einen Schmerz hineinatmest.
Ist das Nadelöhr bei Knieproblemen sicher?
Ja, die Übung gilt als knieschonend, solange der obere Fuß aktiv geflext wird. Diese Aktivierung stabilisiert das Gelenk. Solltest du dennoch Schmerzen im Knie spüren, verringere die Intensität oder verlasse die Haltung.
Was ist der Unterschied zum Schmetterling?
Während das Nadelöhr die äußeren Hüftrotatoren und Gesäßmuskeln dehnt, zielt der Schmetterling (Baddha Konasana) primär auf die Dehnung der inneren Oberschenkel (Adduktoren). Beide Haltungen ergänzen sich hervorragend für eine ganzheitliche Hüftöffnung.


