Sarvangasana, im Deutschen besser bekannt als der Schulterstand, ist eine der fundamentalsten und wirkungsvollsten Haltungen im Hatha Yoga. Oft als die „Königin der Asanas“ bezeichnet, bietet diese Übung eine Fülle von Vorteilen für Körper, Geist und Seele. Sie kehrt die gewohnte Wirkung der Schwerkraft auf den Körper um und entfaltet dadurch ihr ganz besonderes Potenzial.
Dieser Artikel führt dich durch die korrekte Ausführung, beleuchtet die tiefgreifenden Wirkungen und gibt dir wichtige Sicherheitshinweise an die Hand, damit du den Schulterstand sicher und effektiv in deine Praxis integrieren kannst.
* Hauptwirkungen: Fördert die Durchblutung, harmonisiert die Schilddrüsenfunktion, beruhigt das Nervensystem und baut Stress ab.
* Wichtiger Hinweis: Die Übung erfordert eine korrekte Technik und ist nicht für jeden geeignet. Bei Nackenproblemen oder hohem Blutdruck ist Vorsicht geboten.
* Alternativen: Für Anfänger eignen sich unterstützte Varianten oder Viparita Karani (Beine an der Wand hochlagern).
Was bedeutet Sarvangasana eigentlich?
Der Name stammt aus dem Sanskrit. „Sarva“ bedeutet „ganz“, „anga“ heißt „Körper“ oder „Glied“ und „Asana“ ist die „Haltung“. Sarvangasana ist also die „Haltung des ganzen Körpers“. Dieser Name spiegelt die holistische Wirkung der Übung wider, die fast jeden Teil des Körpers positiv beeinflusst. Als eine der zentralen Yoga Umkehrhaltungen stellt sie die Welt buchstäblich auf den Kopf.
Während der Yoga Kopfstand (Shirshasana) als der „König“ der Asanas gilt, wird dem Schulterstand aufgrund seiner beruhigenden und nährenden Qualitäten die Rolle der „Königin“ zugeschrieben.
Die tiefgreifende Wirkung von Sarvangasana auf Körper und Geist
Die Liste der positiven Effekte des Schulterstands ist lang. Die Umkehrung der Körperposition führt zu einer veränderten Blutzirkulation und einem sanften Druck auf bestimmte Organe und Drüsen.
Körperliche Vorteile
- Stimulation der Schilddrüse: Durch den sogenannten Kinnverschluss (Jalandhara Bandha) wird die Schilddrüse massiert und ihre Funktion angeregt. Das reguliert den Stoffwechsel und das Hormonsystem.
- Verbesserte Durchblutung: Das venöse Blut aus den Beinen und dem Rumpf fließt ohne Anstrengung zurück zum Herzen. Das entlastet die Venen und kann bei müden Beinen helfen.
- Beruhigung des Nervensystems: Sarvangasana aktiviert den Parasympathikus, den Teil des Nervensystems, der für Entspannung und Regeneration zuständig ist. Dies hilft, Stress und innere Unruhe abzubauen.
- Stärkung von Rumpf und Armen: Das Halten des Gleichgewichts erfordert Kraft in der Rumpfmuskulatur, während Arme und Schultern den Körper stabilisieren.
- Förderung der Verdauung: Die Umkehrposition verändert die Lage der Bauchorgane, was die Darmperistaltik anregen und bei Verdauungsproblemen lindernd wirken kann.

Mentale und energetische Wirkungen
Auf energetischer Ebene wirkt Sarvangasana besonders stark auf das fünfte Energiezentrum, das Kehlchakra (Vishuddha). Die Aktivierung dieses Chakras fördert klare Kommunikation, Kreativität und Selbstausdruck. Der intensive Blutfluss zum Kopf klärt den Geist, verbessert die Konzentration und kann bei Schlafstörungen oder mentaler Erschöpfung helfen. Viele Yogis berichten von einem Gefühl tiefer innerer Ruhe und Gelassenheit nach der Praxis.
Die Stimulation des Halschakras ist einer der Gründe, warum diese Asana so geschätzt wird.
Sarvangasana Schritt für Schritt: Eine sichere Anleitung
Eine korrekte Ausrichtung ist beim Schulterstand entscheidend, um den Nacken zu schützen. Gehe langsam und achtsam in die Haltung und verlasse sie genauso.
- 1. Vorbereitung: Lege dich auf den Rücken, die Beine geschlossen, die Arme liegen neben dem Körper mit den Handflächen nach unten.
- 2. Beine heben: Atme ein und hebe deine Beine gestreckt auf 90 Grad an.
- 3. Becken anheben: Drücke die Hände fest in den Boden und hebe mit der Ausatmung dein Becken und den unteren Rücken vom Boden ab. Bringe die Knie in Richtung Stirn.
- 4. Rücken stützen: Platziere deine Hände so hoch wie möglich am Rücken, die Finger zeigen nach oben. Dein Gewicht ruht nun auf den Schultern, Oberarmen und dem Hinterkopf – niemals auf dem Nacken!
- 5. In die Haltung kommen: Strecke nun langsam ein Bein nach dem anderen senkrecht zur Decke. Dein Körper sollte eine gerade Linie von den Schultern bis zu den Zehenspitzen bilden. Dein Kinn drückt sanft in Richtung Brustbein.
- 6. Halten und Atmen: Atme ruhig und tief in den Bauch. Beginne mit 30 Sekunden und steigere dich langsam auf mehrere Minuten.
- 7. Haltung verlassen: Beuge langsam die Knie in Richtung Stirn. Löse die Hände vom Rücken und rolle Wirbel für Wirbel langsam und kontrolliert wieder auf die Matte ab. Lege die Beine gestreckt ab und spüre in der Rückenlage kurz nach.
Als Gegenbewegung zum Schulterstand eignet sich der Fisch (Matsyasana) oder der Yoga Pflug (Halasana), in den du aus Sarvangasana direkt übergehen kannst.
Wichtige Sicherheitshinweise: Wann du Sarvangasana meiden solltest
Trotz der vielen Vorteile ist der Schulterstand eine anspruchsvolle Haltung, die nicht für jeden geeignet ist. Übe diese Asana nicht bei:
- Akuten Nacken- oder Schulterverletzungen
- Hohem Blutdruck oder Herzerkrankungen
- Starker Menstruation
- Augenproblemen wie Netzhautablösung oder Glaukom (grüner Star)
- Fortgeschrittener Schwangerschaft
Höre immer auf die Signale deines Körpers. Ein leichter Druck ist normal, Schmerz ist es nicht. Wenn du unsicher bist, frage einen erfahrenen Yogalehrer um Rat.
Fazit: Die Königin ehrenvoll praktizieren
Sarvangasana ist mehr als nur eine Turnübung. Es ist eine kraftvolle Praxis, die bei korrekter und regelmäßiger Ausführung das Potenzial hat, dein körperliches und geistiges Wohlbefinden nachhaltig zu verbessern. Die „Haltung des ganzen Körpers“ nährt, beruhigt und zentriert. Indem du sie mit Respekt und Achtsamkeit praktizierst, kannst du ihre königlichen Geschenke sicher empfangen.
Häufig gestellte Fragen
Wie lange sollte man Sarvangasana halten?
Anfänger sollten mit 30 Sekunden beginnen und die Haltedauer langsam auf bis zu 3-5 Minuten steigern. Wichtiger als die Dauer ist eine stabile, ruhige Haltung und ein gleichmäßiger Atem.
Ist Sarvangasana für Anfänger geeignet?
Anfänger sollten Sarvangasana nur unter Anleitung eines qualifizierten Lehrers erlernen. Eine gute Vorbereitung ist die unterstützte Variante mit einer gefalteten Decke unter den Schultern, um den Nacken zu entlasten.
Was ist der Unterschied zwischen Schulterstand und Kopfstand?
Beim Schulterstand (Sarvangasana) ruht das Gewicht auf den Schultern und Oberarmen, was eine beruhigende Wirkung hat. Beim Kopfstand (Shirshasana) lastet das Gewicht auf Kopf und Unterarmen, was als energetisierend und aktivierend gilt.
Welche Pose macht man nach dem Schulterstand?
Eine klassische Gegenhaltung ist Matsyasana (der Fisch), da sie die Halswirbelsäule in die entgegengesetzte Richtung dehnt. Auch der Pflug (Halasana) ist eine häufige Folgehaltung, bevor man sich wieder abrollt.


