Fühlen Sie sich manchmal den Symptomen Ihrer Schilddrüsenerkrankung ausgeliefert? Müdigkeit, Stimmungsschwankungen oder Gewichtsprobleme sind keine Seltenheit und beeinträchtigen die Lebensqualität. Viele Betroffene suchen nach natürlichen Wegen, um ihren Körper zu unterstützen und wieder mehr Kontrolle zu erlangen.
Eine kraftvolle und zugleich sanfte Methode aus dem Hormon-Yoga rückt dabei immer mehr in den Fokus: die Ujjayi-Atmung. Diese spezielle Atemtechnik ist mehr als nur tiefes Luftholen. Richtig angewendet, wird sie zu einem Werkzeug, mit dem Sie Ihr Wohlbefinden aktiv mitgestalten können. Doch wie genau sieht die Wirkung auf die Schilddrüse aus und worauf müssen Sie achten?
* Technik ist alles: Die Wirkung hängt stark von der Ausführung ab. Eine wärmende Praxis kann bei einer Unterfunktion hilfreich sein, während bei einer Überfunktion Vorsicht geboten ist.
* Stressreduktion: Ein zentraler Vorteil ist der Abbau von Stresshormonen wie Cortisol, was für eine gesunde Hormonbalance und Schilddrüsenfunktion grundlegend ist.
* Komplementäre Praxis: Ujjayi ersetzt keine ärztliche Therapie, sondern dient als wertvolle, unterstützende Maßnahme, um die körpereigenen Regulationsprozesse zu fördern.
Was genau ist die Ujjayi-Atmung?
Die Ujjayi-Atmung, oft als „siegreiche Atmung“ oder „Ozean-Atem“ übersetzt, ist eine der fundamentalen Atemtechniken (Pranayamas) im Yoga. Ihr charakteristisches Merkmal ist ein leises, rauschendes Geräusch, das während der Ein- und Ausatmung durch die Nase entsteht.
Dieses Geräusch wird erzeugt, indem man die Stimmritze (Glottis) im hinteren Halsbereich sanft verengt – ähnlich dem Gefühl, wenn man einen Spiegel anhauchen möchte, nur bei geschlossenem Mund. Der Atem streicht dadurch mit einem leichten Widerstand durch die Kehle. Das Ziel ist kein lautes Schnarchen, sondern ein feines Rauschen, das primär für Sie selbst hörbar ist und als akustischer Anker für die Konzentration dient.
Die Wirkung auf die Schilddrüse: Ein direkter Draht?
Die Verbindung zwischen Ujjayi-Atmung und Schilddrüse liegt auf der Hand – oder besser gesagt, im Hals. Der gesamte Prozess findet genau in der Region statt, in der die schmetterlingsförmige Drüse sitzt. Diese anatomische Nähe führt zu zwei direkten Effekten:
1. Sanfte Massage und Vibration: Der kontinuierliche, leicht gebremste Luftstrom erzeugt eine feine Vibration im Halsbereich. Diese Vibration wirkt wie eine sanfte, innere Massage für das Schilddrüsengewebe. Im Hormon-Yoga wird dieser Effekt gezielt genutzt, indem die Atmung mit Haltungen (Asanas) wie dem Schulterstand oder dem Pflug kombiniert wird, bei denen die Schilddrüse komprimiert wird.
2. Gesteigerte Durchblutung: Die konstante Aktivität und der Fokus auf den Halsbereich fördern die lokale Durchblutung. Eine bessere Blutzirkulation bedeutet, dass die Schilddrüse optimaler mit Sauerstoff und wichtigen Nährstoffen versorgt wird. Dies kann die Grundlage für eine regulierte Hormonproduktion schaffen.
Mehr als nur Mechanik: Ujjayi, Stress und der Vagusnerv
Mindestens genauso bedeutsam wie der direkte mechanische Reiz ist die Wirkung der Ujjayi-Atmung auf unser Nervensystem. Chronischer Stress ist ein bekannter Störfaktor für das Hormonsystem und kann Symptome von Schilddrüsenerkrankungen verschlimmern, da er die Nebennieren zur Ausschüttung von Cortisol anregt.
Genau hier entfaltet die Ujjayi-Atmung ihre beruhigende Kraft. Die bewusste Verlängerung der Ausatmung ist ein direktes Signal an den Vagusnerv, den Hauptnerv des Parasympathikus. Dieser Teil unseres Nervensystems ist für Erholung und Regeneration zuständig („Rest and Digest“). Die Aktivierung des Vagusnervs hilft dabei, den Herzschlag zu verlangsamen, den Blutdruck zu senken und die Produktion von Stresshormonen zu reduzieren. Dieser Zustand der Entspannung schafft ein Umfeld, in dem die Schilddrüse und das gesamte Hormonsystem besser reguliert arbeiten können.
Ujjayi bei Schilddrüsenunter- und Überfunktion: Ein gezielter Einsatz
Die Wirkung der Ujjayi-Atmung ist nicht für jeden gleich. Je nachdem, ob Sie an einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) oder einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) leiden, sollte die Praxis angepasst werden. Der Grund liegt in der thermischen Wirkung dieser Atemtechnik.
Unterstützung bei Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)
Bei einer Unterfunktion arbeitet die Schilddrüse verlangsamt, was oft zu Symptomen wie Müdigkeit, Gewichtszunahme und einem trägen Stoffwechsel führt. Hier kann die Ujjayi-Atmung ihre anregende und wärmende Qualität voll ausspielen. Die sanfte Stimulation und die gesteigerte Durchblutung im Halsbereich können die Drüse anregen und die Hormonproduktion auf natürliche Weise unterstützen. Die Praxis wirkt energetisierend und kann helfen, dem Gefühl der Trägheit entgegenzuwirken.
Wann bei Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) Vorsicht geboten ist
Bei einer Überfunktion ist die Schilddrüse bereits überaktiv. Symptome wie innere Unruhe, Herzrasen oder Schlafstörungen sind häufig. In diesem Fall sollte die wärmende Ujjayi-Praxis nur mit großer Vorsicht und idealerweise unter Anleitung einer erfahrenen Yogalehrerin ausgeübt werden. Eine zu intensive Anwendung könnte die Symptome verstärken. Hier liegt der Fokus eher auf der beruhigenden Wirkung der verlängerten Ausatmung, um das Nervensystem zu entspannen, statt auf einer intensiven Stimulation.
Ujjayi Atmung lernen: Eine einfache Anleitung
Die Technik hinter dem „Ozean-Atem“ ist einfacher zu erlernen, als sie klingt. Mit etwas Übung wird sie zu einem vertrauten Begleiter in Ihrer Yoga-Praxis und im Alltag. Die folgenden Schritte helfen Ihnen beim Einstieg:
- Finden Sie eine aufrechte Position: Setzen Sie sich bequem hin, entweder auf einen Stuhl oder auf den Boden. Ihr Rücken ist gerade, die Schultern sind entspannt. Schließen Sie sanft die Augen.
- Erzeugen Sie das Rauschen: Atmen Sie tief durch die Nase ein. Beim Ausatmen durch den Mund formen Sie ein leises „Haaaa“-Geräusch, als wollten Sie einen Spiegel anhauchen. Achten Sie auf das Gefühl der leichten Verengung in Ihrer Kehle.
- Schließen Sie den Mund: Wiederholen Sie diesen Vorgang, aber halten Sie beim Ausatmen den Mund geschlossen. Der Luftstrom entweicht nun durch die Nase, während Sie die sanfte Verengung der Stimmritze beibehalten. So entsteht das typische, rauschende Geräusch.
- Synchronisieren Sie Ein- und Ausatmung: Üben Sie, dieses Rauschen sowohl bei der Einatmung als auch bei der Ausatmung zu erzeugen. Versuchen Sie, beide Phasen gleich lang zu gestalten. Ein inneres Zählen bis vier kann dabei helfen, einen gleichmäßigen Rhythmus zu finden.
- Praktizieren Sie regelmäßig: Beginnen Sie mit fünf Minuten täglich. Mit der Zeit können Sie die Dauer ausdehnen und die Ujjayi-Atmung in Ihre Asana-Praxis integrieren, um Atem und Bewegung in Harmonie zu bringen.
Eine detailliertere Anleitung mit weiteren Tipps für den Start finden Sie auch in unserem Beitrag zum Thema Ujjayi-Atmung lernen.
Fazit: Die Ujjayi-Atmung als Werkzeug zur Selbstregulation
Die Ujjayi-Atmung ist weit mehr als eine einfache Atemübung. Sie ist ein kraftvolles Instrument aus der Welt des Pranayama, um die Schilddrüsenfunktion zu unterstützen und die allgemeine Hormonbalance zu fördern. Durch die Kombination aus mechanischer Stimulation und tiefer Entspannung über den Vagusnerv bietet sie einen ganzheitlichen Ansatz. Sie ersetzt keine ärztliche Behandlung, kann aber als komplementäre Praxis einen wertvollen Beitrag zu Ihrem Wohlbefinden leisten und Ihnen das Gefühl geben, Ihre Gesundheit aktiv mitzugestalten. Es ist entscheidend, die Praxis an Ihre individuelle Stoffwechsellage anzupassen und bei bestehenden Erkrankungen stets Rücksprache mit Ihrem Arzt zu halten.
Häufig gestellte Fragen
Kann Ujjayi-Atmung eine Schilddrüsenerkrankung heilen?
Ist die Ujjayi-Atmung für Anfänger geeignet?
Wie oft sollte ich die Ujjayi-Atmung praktizieren?